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Zwei Minister, ein Wort: „Gemeinsam“.

Maren Schoening • Sept. 23, 2019

Außenminister stellen beim Deutsch-Ungarischen Forum in Berlin Verbindendes heraus. Minister Maas zitiert Sprichwort auf Ungarisch.

Es war ein starkes Signal, dass erstmals wieder seit 2014 der deutsche Außenminister Heiko Maas und sein ungarischer Amtskollege, Péter Szijjártó, das Deutsch-Ungarische Forum eröffneten. Das Interesse am Forum war auf beiden Seiten groß: Über 250 Gäste aus Deutschland und Ungarn kamen vom 09.-11.09.2019 nach Berlin. Mehr als zwei Drittel der Teilnehmer waren junge Leute aus beiden Ländern. Die deutsch-ungarischen Beziehungen waren noch nie so jung und agil wie bei diesem Forum.

Die Betonung des  Gemeinsamen zog sich wie ein Leitmotiv durch die Veranstaltung. So hatten wir auch das Datum für dieses Forum bewusst auf den Tag gelegt, der die tiefe Verbundenheit der Deutschen mit den Ungarn symbolisiert: Am 10. September 1989 öffnete Ungarn seine Grenzen. Dies ermöglichte tausenden DDR-Bürgern die Flucht in die Bundesrepublik Deutschland und führte wenige Wochen später zum Fall der Berliner Mauer und zur Überwindung der europäischen Teilung.
 
In Anlehnung an ein Zitat des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Kohls würdigte Minister Maas, dass es die Ungarn waren, „die den ersten Stein aus der Mauer“ brachen. „Und wir Deutschen werden das nie vergessen. Der Weg, der unserem Land den vielleicht glücklichsten Moment seiner Geschichte beschert hat, er führte über Ungarn. Und vielleicht sollte man öfter darüber reden, dass das so war“, erklärte der Minister in seiner auch ansonsten inhaltsstarken Eröffnungsrede. Auf Ungarisch zitierte er das Sprichwort „Glück bringt Freunde, Not stellt sie auf die Probe“, um festzustellen, dass es „das Glück und die Freude über den Fall des Eisernen Vorhangs waren, die unsere Völker zusammenbrachten. Für uns Deutsche schien das Glück mit dem Fall der Mauer nahezu perfekt zu sein. Doch heute wissen wir: erst mit dem Beitritt von Ungarn, Polen, Slowaken, Tschechen, Rumänen und den anderen Ländern des ehemaligen Ostblocks wurden aus der deutschen Wiedervereinigung auch ein europäische. Erst in diesem Moment waren wir wirklich zum Glück vereint.“

In seiner insbesondere an die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer gerichtete Rede verwies er aber auch darauf, dass sich beide Länder gemeinsam den politischen Herausforderungen der Zukunft stellen und Deutschland und Ungarn gleichberechtigt zusammenarbeiten müssten. Er erteilte dem Prinzip der zwei Geschwindigkeiten in der EU eine Absage und betonte, dass „es keine Mitglieder erster und zweiter Klasse geben darf.“ Er stellte aber auch fest, dass die Finanzkrise und der Streit über die Verteilung der Flüchtlinge die EU einer harten Prüfung unterzogen hat und durch den Brexit allen Europäern vor Augen geführt wurde, wozu dauerhaftes Schlechtreden der EU führen kann. Er bezeichnete die jungen Teilnehmer als „die Zukunft Europas“ und ermunterte die Gäste mutige Schritte nach vorn zu gehen und das „am besten gemeinsam“.

Minister Péter Szijjártó erinnerte an über 1.000 Jahre gemeinsamer Beziehungen und dankte allen Beteiligten und Gästen, „dass wir diese deutsch-ungarischen Beziehungen pflegen und diese besonderen Beziehungen aufrechterhalten“. Er betonte, dass der 30. Jahrestag der Souveränität Ungarns und die Wiedervereinigung Deutschlands eng miteinander verknüpft sind. „Vor 30 Jahren lieferten wir den Beweis: Wenn wir gemeinsam handeln, ist es gut für Europa. Das trifft auch heute zu. Wenn wir in Mitteleuropa und mit Deutschland zusammenarbeiten, ist das eine gute Nachricht für Europa“, so der Minister. Er erinnerte daran, dass „die Mitteleuropäer ihre Freiheit erkämpft und das sich das Visegrád-Bündnis zur gegenseitigen Stärkung und zum gemeinsam Kampf gegen die Reste der Diktatur zusammengeschlossen hat.“ Er betonte: „Mit uns ist Europa friedlicher, stärker, reicher als zuvor. Darauf sind wir stolz.“

In die Zukunft blickend machte Szijjártó deutlich, dass Europa vor historischen Herausforderungen steht, Ungarn Wachstumsmotor der EU ist, das Land zu den am stärksten wachsenden Volkswirtschaften in der EU zählt und viele deutsche Unternehmen in Ungarn aktiv sind. Wichtig sei ihm, dass alles mit „gegenseitigem Respekt und faktenbasiert passiert und es mehr Fragen gibt, in denen wir uns einig sind als uneinig. Wir treffen uns im Zeichen gegenseitigen Respekts und dabei tauschen wir dann auch unterschiedliche Standpunkte aus.“

Er plädierte dafür, dass die Erweiterung der EU weitergehen muss und betonte: „So wie es uns geholfen hat, wird es auch den anderen helfen“. Wichtig ist ihm dabei, dass der christlichen Kultur Vorrang gewährt wird. „Gemeinsam müssen auch die Gründe für Flucht beseitigt werden. Ungarn unterstützt schon jetzt christliche Gemeinschaften im Nahen Osten, damit die Menschen nicht ihr Zuhause verlassen müssen“, so der Minister abschließend.

Neben den Standortbestimmungen durch die beiden Außenminister diskutierten die Teilnehmer auf Podien und in Workshops mit Ministern, Abgeordneten, Staatssekretären, Botschaftern und Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Hochschulen und Stiftungen. In diesem Jahr haben so viele junge Leute wie noch nie und aus ganz verschiedenen Städten und Regionen aus Deutschland und Ungarn am Deutsch-Ungarischen Forum teilgenommen. Diese große Resonanz und die Vielzahl an Themen und Fragen zeigen uns, wie wichtig es ist, ein Format für junge Leute aus beiden Ländern geschaffen zu haben, auf dem sie sich austauschen und die Sicht der Vertreter des Partnerlandes kennenlernen können. Diese Formate werden wir nun ausbauen.

Das Deutsch-Ungarische Jugendwerk wird daher ein neues Dialogformat entwickeln und die angesprochenen Themen des Forums aufgreifen, weiter diskutieren und Vorschläge für die Weiterentwicklung der deutsch-ungarischen Beziehungen erarbeiten. Denn unser Signal an die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist klar: Wir nehmen Eure Fragen und Einwände, Ideen und Vorschläge ernst!

Wichtig wäre aber auch, dass diese positive Stimmung und die Betonung der Gemeinsamkeiten einen Rahmen finden und nachhaltig gefördert werden. 2020 bietet sich für die weitere Vertiefung der Beziehungen und die Etablierung eines Deutsch-Ungarischen Zukunftsfonds an. Ein Zukunftsfonds, aus dem junge Leute aus beiden Ländern zum Beispiel beim Austausch, beim Spracherwerb, bei der Gründung eines gemeinsamen Startups und vieles mehr gefördert werden könnten. Nur so wird aus Erinnerung Zukunft.

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